WEG-Versammlung in Corona-Zeiten?
Nichtigkeitsfalle bei WEG-Beschlüssen!
Aufgrund der Corona-Beschränkungen wurden im Jahr 2020 die meisten WEG-Versammlungen auf das Jahr 2021 verschoben. Hier bestehen bzw. bestanden jedoch auch weiterhin Corona-Beschränkungen.
Lädt ein Verwalter zu einer WEG-Versammlung trotz aktueller Corona-Beschränkungen ein und werden Beschlüsse gefasst, dann sind diese in aller Regel nichtig und können auch nachträglich gerichtlich aufgehoben werden.
Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 17.12.2020 2 - 13 S 108/20:
Vorinstanz: AG Kassel, Urteil vom 27.08.2020 - 800 C 2563/20
Eine Formulierung, bei dem der Verwalter lediglich aktiv eine Vertretungsmöglichkeiten bewirbt, ohne jedoch offenkundig eine Teilnahme an der Eigentümerversammlung zu verwehren stellt keine unzulässige Einladung dar.
Der Verwalter hat in seiner Einladung folgende Formulierung aufgenommen:
„Aufgrund der Größe der Sitzungsräume muss die Anzahl der anwesenden Eigentümer bei dieser Versammlung beschränkt werden (10 Personen inkl. Verwalter). Erteilen Sie deshalb möglichst dem Verwaltungsbeirat oder der Verwaltung die Vollmacht für die Teilnahme an der Versammlung. Der Verwalter behält sich vor, die Versammlung nicht durchzuführen, sofern die Höchstzahl der Anwesenden überschritten wird und keine einvernehmliche Regelung am Versammlungstag dazu getroffen werden kann."
Auch in Zeiten der Corona-Pandemie hat ein Wohnungseigentümer einen Anspruch auf eine persönliche Teilnahme an Eigentümerversammlungen. Es ist unzulässig , Versammlung dahingehend zu beschränken, dass lediglich eine Teilnahme einzelner Personen gewährleistet wird und die übrigen Eigentümer Vollmachten zu erteilen haben oder gar von vorneherein lediglich zu so genannten Vertreterversammlungen geladen wird, bei denen sich die Eigentümer nur (üblicherweise vom Verwalter) vertreten lassen können.
In der hier maßgeblichen Einladung ist lediglich darauf verwiesen worden, dass ein Versammlungssaal für 10 Personen angemietet wurde, zugleich ist auf die Erteilung von Vollmachten hingewiesen worden. Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden. Aufgabe des Verwalters ist es, zu einer Versammlung einzuladen, dabei hat er über den Ort und die Zeit der Versammlung nach pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden. Gerade in den Zeiten der Corona-Pandemie ist es ein sachgerechtes Ermessenskriterium, sich bei der Auswahl des Versammlungsortes an der zu erwartenden Teilnehmerzahl zu orientieren und dabei Vertretungsmöglichkeiten aktiv zu bewerben.
AG München, Urteil vom 29.10.2020 - 483 C 8456/20 WEG und AG Lemgo, Urteil vom 24.08.2020 - 16 C 10/20:
Der WEG-Verwalter beruft eine "Eigentümerversammlung im Vollmachtverfahren" in seinem Büro ein. Die Wohnungseigentümer werden aufgefordert dem Verwalter eine Vollmacht und Ihr Abstimmungsverhalten zu erteilen. Im Einladungsschreiben wird darauf hingewiesen, dass wegen der Corona-Krise eine Eigentümerversammlung mit persönlicher Anwesenheit (wegen der Kontaktsperre) nicht stattfinden kann.
Beschlüsse einer Eigentümerversammlung sind nichtig, wenn sie in den Kernbereich des Wohnungseigentums eingreifen. Zu dem Kernbereich des Wohnungseigentums gehören das Recht der Wohnungseigentümer, an der Eigentümerversammlung teilzunehmen.
Vorliegend wurde den Wohnungseigentümern durch die Form der Ladung eine Teilnahme an der Eigentümerversammlung letztlich verwehrt. Diese Form der Einladung verletzte die Wohnungseigentümer im Kernbereich ihrer Rechte, nämlich dem Recht auf Teilnahme an der Eigentümerversammlung und Ausübung des Stimmrechts.
Eine persönliche Teilnahme an der Eigentümerversammlung hätte zudem gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen. Die Möglichkeit an dieser Eigentümerversammlung teilzunehmen, richtet sich nach den Beschränkungen der jeweils geltenden Infektionsschutzverordung des (Bundes-)Landes. Sind Veranstaltungen und Versammlungen landesweit untersagt und liegt keine Ausnahmegenehmigung vor, würde eine persönliche Teilnahme der Eigentümer gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen. Ein derartiger Verstoß war auch keinem Eigentümer zumutbar, weil diese - unabhängig davon, dass sie dadurch gegebenenfalls ihre und die Gesundheit anderer gefährdet hätten - eine Ordnungswidrigkeit, die Bußgeld nach sich gezogen hätte, begangen hätten.